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Die begehbaren Partituren

Interaktive Audioinstallation

Kunsthistorisches Museum Wien, Art Center, Palais Harrach, "Botschaft der Musik"

1996

Christian Möller, Wilfried Seipel

Ein Hörraum für Kammermusik





Die Charakteristik des Einzelinstrumentes ist dem Nichtmusiker wenig bekannt und sein Bemühen, ein Instrument aus einem Orchester akustisch zu isolieren, scheitert an fortwährender Ablenkung. Erst durch die Möglichkeit, die Eindringlichkeit einzelner Instrumente innerhalb der aktuellen Orchesterdichte zu variieren, kann sich ein Zuhörer an die Charakteristik eines bestimmten Instruments gewöhnen, um es im Zusammenspiel mit den anderen aus dem Konzert herauszuhören. Wie interessant, amüsant oder wie anders ein Konzertbesuch mit variierbaren Wahrnehmungsebenen sein kann, wird in den begehbaren Partituren erfahrbar.

Für die begehbaren Partituren sind sechs bedeutende Stücke der Wiener Klassik ausgewählt worden. Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz (Streichquartett, Haydn), das Kegelstatt-Trio (für Klarinette, Viola und Klavier, Mozart), Ein Mädchen oder Weibchen (Variationen für Violoncello und Klavier, Beethoven), Chineser-Galopp (Quartett für 3 Violinen und Kontrabaß, Strauß), Forellen-Quintett (für Klavier, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabaß, Schubert) und Verklärte Nacht (Streichsextett, Schönberg).


Grundriß


Schnitt


In den Raum eingespiegelte Kammermusiker vor Notationsdarstellung


Die begehbaren Partituren werden in zwei sehr unterschiedlichen Installationsaufbauten ausgestellt. Die eine Raumhälfte zeigt eine Echtzeitvisualisierung der aktuellen Notationen mit der Möglichkeit, aus dem laufenden Konzert Musiker, sprich Instrumente stufenlos ein- oder ausblenden zu können.


Touchscreen zur Auswahl der Musikstücke


Touchscreen zum variieren der Übertragungslautstärke der Einzelinstrumente



Über einen Touchscreen-Monitor sind die Besucher in der Lage, zwischen den sechs Stücke auszuwählen und die Übertragungslautstärke eines jeden Instrumentes beliebig zu regulieren. Mit Beginn der akustischen Übertragung erscheinen die Noten der selektierten Partitur dem Betrachter auf einer großen Projektionsfläche und werden von einer vertikalen Linie synchron zur Musik abgefahren.

Der andere Teil der Installation ermöglicht dem Besucher, per Kopfhörer und Monitor einen virtuellen Raum sowohl visuell als auch akustisch zu erfahren, in dem sich die Kammermusiker scheinbar im Konzert befinden.


Schnitt VR-Installation


VR-Installation


Die Proportionen des virtuellen Raumes entsprechen der realen baulichen Umgebung des Ausstellungsortes im Museum. Der Besucher betritt den simulierten Raum mit Hilfe eines 3D-Sensors, der dem Kopf des Besuchers im virtuellen Raum entspricht. Der Besucher hört die Musiker so, als befände er sich an genau der Stelle im Raum, die er mit Hilfe des Sensors eingenommen hat.


Virtuelle Kammermusiksaal


Dieser Effekt ist mit normaler Stereophonie nicht vergleichbar, da sich die klangliche Umgebung in Intensität und Ort je nach aktueller Position des Betrachters im Raum verändert. Der Besucher kann genau unterscheiden, ob sich ein Geräusch oder Klang rechts oder links von ihm, über oder unter ihm, vor oder hinter ihm befindet. Hierbei werden eine Reihe mathematischer bzw. physikalischer Gesetze des menschlichen Hörens berücksichtigt. Steht eine Schallquelle nicht exakt in gleichem Abstand zu jedem Ohr, so erreicht der Schall ein Ohr früher als das andere. Wird z.B. das rechte Ohr zuerst erreicht, weiß der Mensch, daß die Schallquelle rechts von im steht. Ebenfalls Orientierung verschafft die Tatsache, daß, je nach Position einer Schallquelle, der Schall mit spezieller Charakteristik an der Ohrmuschel reflektiert wird. Bei der Übertragung von Schall in Luft werden die hochfrequenten Teile eines Klangs schneller abgeschwächt als die Tiefen. Das menschliche Hirn kann durch diese feinen Unterschiede einer Schallquelle eine präzise Position im Raum zuweisen. Diesen und anderen physikalischen Bedingungen folgend simuliert das Computersystem dem Besucher einen digitalen Ort, der ihm erlaubt, sich zwischen den virtuellen Musikern umherzubewegen und sein Ohr bestimmten Instrumenten zuzuwenden.


Musikauswahl:
Thomas Trabitsch

Musik:
Mutare Ensemble

Dirigent:
Gerhard Müller-Hornbach

Programmierung:
Sven Thöne
Daniel Schmitt

Aufnahmetechnik und Nachbearbeitung:
Willi Bopp

Video:
Anna Saup

Digitalisierung und Synchronisation:
Hubert Machnik

Hardwareentwicklung:
Wolfgang Schemmert

Screendesign:
Paul Claessen

Musiksoftware:
Logic Audio von Emagic



Besetzung:

Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz (Streichquartett, Haydn)
Johannes Blumenröther - Violine I
Monika Nußbächer - Violine II
Klaus Opitz - Viola
Bernhard Spranger - Violoncello

Kegelstatt-Trio (für Klarinette, Viola und Klavier, Mozart)
Ulrich Mehlhart - Klarinette
Klaus Opitz - Viola
Daniel Krüerke - Klavier

Ein Mädchen oder Weibchen (Variationen für Violoncello und Klavier, Beethoven)
Susanne Müller-Hornbach - Violoncello
Klaus Dreier - Klavier

Chineser-Galopp (Quartett für 3 Violinen und Kontrabaß, Strauß)
Johannes Blumenröther - Violine I
Barbara Kummer - Violine II
Monika Nußbächer - Violine III
Jörg Schade - Kontrabaß

Forellen-Quintett (für Klavier, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabaß, Schubert)
Barbara Kummer - Violine
Klaus Opitz - Viola
Bernhard Spranger - Violoncello
Jörg Schade - Kontrabaß
Klaus Dreier - Klavier

Verklärte Nacht (Streichsextett, Schönberg)
Johannes Blumenröther - Violine I
Monika Nußbächer - Violine II
Kerstin Hüllemann - Viola I
Klaus Opitz - Viola II
Susanne Müller-Hornbach - Violoncello I
Bernhard Spranger - Violoncello II