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Virtual Cage

Klangraum

TAT, Frankfurt, 2/93
Auditorium P3 des Tochoji Tempels, Tokyo, 5/97

Christian Möller

Die Installation „Virtual Cage“ ist eine Arbeit, die zum erstenmal mit dem TAT (Theater am Turm) in Frankfurt am Main im Februar 1993 realisiert wurde. Im Rahmen eines Theaterfestivals ging es darum, einen Raum zu erzeugen, der ohne die Mittel darstellender Kunst ausreichend Ereignis produziert und damit ein Ambiente schafft, in dem sich der Wusch des Besuchers nach Darbietung verflüchtigt. Im Rahmen der vom Canon ArtLab unter dem Titel Pospect2 durchgefürten Veranstaltung wurde für das Auditorium P3, das sich im Untergeschoß eines Zen-Tempels befindet die Installation „Virtual Cage“ ausgewählt, um dort über einen Zeitraum von 3 Wochen ausgestellt zu werden.




Der Tempel Tochoji im Stadtteil Shinjuko entspricht dem, was wir bei uns eine Stadtteilkirche nennen würden. Das vor etwa 10 Jahren neu entstandene Tempelgebäude wird von zwei Priestern betrieben und neben der Gemeindearbeit gehört die Organisation und Pflege des Friedhofs zu ihren wesentlichen Aufgaben. Neben den das Gebäude flankierenden, traditionellen Grabanlagen hat sich in Tochoji ein neuartiges Friedhofskonzept mit großem Erfolg etabliert. Im Innenhof des Tempels befindet sich ein Wasserbecken von nur geringer Wassertiefe. Zwischen Seerosen liegen darin etwa 1qm große Steinplatten, zusammengesetzt aus je 72 schwarzen Granitwürfeln:




Minimalisierte Grabsteine, in die von den Priestern im Auftrag der Hinterbliebenen Namen eingraviert werden, um fortan so das Andenken an die Verblichenen zu ehren. In Japan sind Religion und Kultur eng miteinander verbunden. So ist es nicht ungewöhnlich, daß sich in einem Tempel eine Kunstgalerie oder ein Theater befindet. Im Tochoji Tempel ist es das Auditorium P3, ein einem Theater ähnlicher Veranstaltungsraum, in dem die unterschiedlichsten Veranstaltungen stattgefunden haben und der sich direkt unter dem beschriebenen Wasserbecken befindet.


Grundriss P3


Längsschnitt P3


Plattform-Interface


Scanner


Die Installation „Virtual Cage“ beschreibt einen Raum in der Größe von etwa 12m mal 12m und ist völlig abgedunkelt. Eine ca. 6m lange Rampe führt den Besucher auf eine bewegliche, pneumatisch gedämpfte Plattform mit einer Oberfläche aus begehbarem Glas. An zwei sich diagonal gegenüberliegenden Enden der Plattform sind Scanner befestigt, die das Licht von zwei je 4 Watt starken Lasern in eine horizontale Ebene in den Raum projizieren.





Der gleiche wie eben beschriebene ist als „virtuelle Replik“ im Datensatz einer Grafikworkstation noch einmal vorhanden. An Stelle der in Realität den Raum bevölkernden Besucher befindet sich im virtuellen Teil der Installation ein Partikelsystem, ein „Bienenschwarm“ von sich gegenseitig verfolgenden Punkten, ein „künstlich lebendiges Etwas“. Optische Drehwinkel-Sensoren übertragen die jeweilige Schrägstellung der sich unter dem Gewicht der Besucher neigenden Plattform an das Computersystem und zwingen so den Partikelschwarm einem Gravitationsmodell folgend zur Bewegung durch den Raum.




Dem Schwarm sind zwei verschiedene Geräusche zugeordnet, die als wahrnehmbare Äußerungen des virtuellen Wesens mit Hilfe eines Multikanal-Audiosystems durch den Raum bewegt werden. Der Hauptteil der für die Klangkulisse verwendeten Samples stammt von Mikroinsekten unter Wasser. Der Betrachter befindet sich quasi im "Computermodell" des Raumes und hört den virtuellen Schwarm in einem Geräusch, das sich entfernungsabhängig in seinem Detailierungsgrad variiert, indem sich Anteile einer zweiten Stimme zumischen.

Komposition und Audiotechnik:
Peter Kuhlmann

Programmierung:
Gideon May

1.Stimme (Naturgeräusche):
David Dunn

2. Stimme (Trautonium):
Oskar Sala

Kuratoren:
Yukiko Shikata + Abe

Organisation:
ARTLAB, Canon Inc.
P3 art and environment

Das Projekt wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung von MBM Metallbau Möckmühl, Bison Lasertechnik, Spiral/Wacoal Art Center, Goethe-Institut Tokyo.